Karin Pliem malt Stillleben – was einen seltsamen Effekt zeitigt: Blumen überlebensgroß, eine Melone überlebensgroß zu malen, das bedrängt, und es bedrängt umso mehr, als all diese Stillleben den Rahmen zu sprengen scheinen. Sie sprengen, überschneiden den Rahmen – es gibt keinen Raum, es gibt keine Tischplatte, es gibt keine Ebenen, keine Horizontalen auf denen die Stillleben liegen, es gibt keine Vasen, aus denen die Blumen stoßen würden. Es ist tatsächlich der Gegenstand als solcher, der explosionsartig wie ein „all over pattern“ – daran erinnern mich diese Werke sehr stark – die Leinwand sprengt.

Ich habe das Gefühl, dass Karin Pliem hier eine Kunst pflegt, die vielleicht durch den einen oder anderen Vertreter in der Malerei der neuen Wilden, den Hunger nach Bildern, den wir seit den 80er-Jahren kennengelernt haben von Scheibel bis zu Anzinger, von Damisch bis zu Kern, dass es da manche Anknüpfungspunkte gibt, aber dass hier trotzdem eine zutiefst weibliche Kunst vorliegt.
Ich fühle mich auch eher erinnert an manche Kunst einer Georgia O’Keeffe in der Tradition der 30er-bis 60er-Jahre. Ich finde es wunderbar, dass es wieder einmal eine Möglichkeit gibt, etwas kennenzulernen, das man vorher noch nie sehen durfte.

© Klaus Albrecht Schröder, 2004. Auszug aus der Eröffnungsrede zur Ausstellung Karin Pliem und Erhard Stöbe, Galerie Himmelpforte, Wien, 2004.